Drei im Womo
Norway is calling!
Samstag, 13. Juni 2015, 22:40
So: Heute ging's endlich mal richtig zur Sache - also so strecken- bzw. Kilometermäßig. Von unserer Anreise nach Fehrmarn einmal abgesehen war das heute unsere vermutlich längste Tagesetappe für die kommenden Wochen. Von Marstrand ging es über die E6 480 Kilometer lang nach Norwegen, genauer gesagt in die Winterolympiadenstadt von 1994, nach Lillehammer. Der Grenzübertritt gestaltete sich ziemlich unspektakulär.


Alle Fahrzeuge mussten an einer streng drein blickenden, aber nicht unhübschen blonden norwegischen Grenzbeamtin vorbei. Wir wurden nicht herausgewunken, was ansich kein Problem gewesen wäre. Denn erstens hatten wir Sancho noch in Schweden beim Tierarzt amtlich bestätigt entwurmen lassen und zweitens lagen unsere Alkoholvorräte alle unter dem Limit (5 Flaschen Wein, 13 Dosen Bier und 18 Flaschen Radler, aber die zählen mit ihren 2,5% Alkoholgehalt noch nicht als solcher). Wobei sich mir diesbezüglich die Frage stellt, ob die Norweger versoffen sind, weil sie kaum/nur teueren Zugang zu "brennbarem" haben (Entzugstheorie) oder ob der der Staat sein Landsleute generell schützen muss, da der Norweger immer säuft (Abhängigkeitstheorie). Auf jeden Fall ist das Zeug hier schweine teuer!!!

Leider hat/wird wetter.com mit seiner Vorhersage wohl Recht haben bzw. hat es schon. Immerhin ist hier kein Wind wie an der schwedischen Riviera. Aber viele Wolken und 17° lassen nur mäßig Sommerstimmung aufkommen. Zumal die Vorhersage etwas von Schauern oder so munkelt. Na mal abwarten. Wie sagt der Schotte doch immer "at least dry" - so sehen wir das auch.


Landestypisch - ich sprach ja gestern schon von gewissen nationalen Eigenheiten - war auch der Verkehr heute. Während die Schweden echt zivilisierte Fahrer sind (kaum einer fährt schneller als das Tempolimit erlaubt), brettern die Norweger deutlich enthemmter - man könnte auch sagen "deutscher". Obwohl Temposünder angeblich hart bestraft werden, kümmert sich kaum jemand um die rot umrandeten Schilder mit den Ziffern in der Mitte. Vielleicht auch das führte - obwohl viel geringere Verkehrsdichte als bei uns - zu zwei satten Unfällen, an denen wir vorbei kamen. Ein Bootsgespann, dass wir vor unserer Rast noch überholt hatten war wenig später in einen A4 gekracht. Und als die anderen Autobahnseite längere Zeit "leer" blieb, kam die Erklärung in Form eines Lkw ebenso kurze Zeit später. Dessen Fahrer dürfte bei seinem Chef am Telefon den Klassiker "Der Außenpsiegel ist kaputt: Der 38-Tonner-Zug liegt drauf!" abgelassen haben.

Kurz nach diesem Ereigenis wurde aus der gut ausgebauten Autobahn plötzlich eine Landstraße - so ungefähr von Bundesstraßenformat. Aus der wurde dann irgendwann eine Landstraße vom Format "bessere Kreisstraße". Und so etwas schimpft sich "Europastraße"?! Mal gespannt was uns weiter nordwärts noch alles erwartet...

Erwartet hätte man als Deutscher auch nicht die verhältnismäßig hohe Dichte an Elektrofahrzeugen. In Norwegen gurken bereits jede Menge Nissan Leafs und Teslas durch die Gegend. Da klingt das bundesdeutsche Ziel von 1 Millionen Elektrofahrzeuge bis 2020 wie eine Durchhalteparole Modell "Endsieg". Die Norweger sind da schon viel weiter, auch was die Infrastruktur angeht. So fand sich neben einer "normalen" Autobahntankstelle wie selbstvertändlich auch gleich zwei Schnellladesäulen in umittelbarer Nähe. Noch bemerkensweter: Während die Deutschen solche nur mit europäischer Steckernorm einrichten (wollen) und damit us- und japanische Fahrzeuge mit solchen Ladesteckern ausschließen, gibt's in Norwegen einfach alle drei vorkommenden Steckervarianten an nur einer Säule. Damit haben die Nordlichter auch für Außenstehende sichtbar ein Zeichen gesetzt. Denn an den klassischen Kraftstoff-Tankstellen gibt's hier gerade einmal zwei Zapfpistolen: Diesel oder Benzin (95 Oktan). Kein "Ulitmate-" und Excellium-"-Schnickschnack, das kein Mensch braucht. Und das in einem Land, dass das Ölland in Europa ist (was da wohl Porsche- und andere Sportmotorenwagenbesitzer machen, deren Aggregate nach 98 Oktan verlangen???).


Ach so: Fast hätte ich es vergessen. Doch beim Stichwort "machen" viel es mir wieder ein. Was norwegische Autofahrer im Fall eines Unfalls auf der Autobahn machen (siehe Stau weiter oben)? Genau das, wovon man bei uns regelmäßig in der Verkehrsnachrichten hört: Sie werden zu Geisterfahrern! Kaum waren wir auf besagtes Stauende aufgefahren und eine Aus-/Einfahrt kam in Reichweite, drehten gute zwei Dutzend der Carlsons vom Fach kurzerhand um und fuhren über die Einfahrtsspur entgegengesetzt von der Autobahn ab. So viel zum Thema nur Süd(ost)-Europäer gestalten Verkehrsregeln gerne individuell.

Außerdem nicht unterschlagen wollen wir unseren treuen Lesern den neuen Sitz-/Liegeplatz von Sancho. Dem hatte der Logenplatz auf der Sitzbank irgendwie nicht behagt. Immer wenn wir langsamer al 80 fuhren, jammerte er wie blöd. Nun liegt er während der Fahrt hier:

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