Drei im Womo
Montag, 29. Juni 2015
Schöner womoen
Montag, 29. Juni 2015, 23:12
Recht hat er, der Norge Klaus! Als alter Norwegen-Fuchs weiß er, dass wetter.com echt ein Schmarrn ist - zumindest dann, wenn man ein verässliche Vorhersage für ein Königreich wie dieses hier benötigt. Besten Dank für den Tipp mit www.yr.no. Klaus! Jetzt sieht die Sache realistischer und darüber hinaus auch gleich besser aus! Kaum hatten wir unser französich-italienisch-deutsches Wohnmobilkonklomerat heute Morgen in Bewegung gesetzt, kam sie tatsächlich zum Vorschein: die Sonne. Fast hätten wir schon eine Suchanzeige für sie aufgegeben! Genau deshalb entschieden wir uns vorerst nicht gen Norden, sondern noch tiefer in den Süden der Lofoten vorzustoßen. Und soll ich euch was sagen: Es hat sich gelohnt. Bei Sonnenschein sieht die Landschaft noch mal um Potenzen besser aus - fantastisch! Aber seht doch selbst...












Wir haben noch das kleine Fischerdörfchen Reine besucht. Gab zwar nicht so viel zu sehen, aber oft kommt es ja bekanntermaßen auf das Drumherum an - so auch hier!







Was wir uns (siehe Bilder) mehrfach gefragt haben, aber nicht gewagt haben zu fragen, ist die Sache mit dem Dödderder, sprich dem gedörrten Fisch, den die Einheimischen an hohen Holzgestellen vermutlich im Herbst aufhängen, den Winter über scheinbar vergessen und sich dann im Sommer schließlich wieder an diesen erinnern und in "ernten". Dazu fahren sie, praktisch - man könnte auch sagen faul wie die Amerikaner - mit Gabelstablern durch die ihren Holzparkur und pflücken das stinkende, pardon streng riechende, Mumienmaterial. Selbst die Köpfe trocknen sie und verwerten sie offenbar. Was sie aus den Schädeln der Meeresbewohner machen ist uns ebenfalls nicht bekannt. Sancho hat so eine Vermutung - er murmelte irgendwas von Dosen und Futter und Hund und Katz oder so....



Als wir wieder den Norden der Lofoten bzw. der Schwesterinseln, die Vesterralen, erreichten, wurde das Wetter zwar wieder etwa schlechter, aber immer noch - im Hinblick auf die Natur wörtllich zu nehmen - im grünen Bereich.

Auf dem Plan stand für heute noch, wie schon gestern angeschnitten, der Besuch eine großen Kanonenstellung der Deutschen aus dem 2. Weltkrieg bei Trondenes/Hartstad. Die kann man nur zu 3 festen Zeiten am Tag mithilfe einer geführten Tour besuchen - sie befindet sich mittem auf einem aktiven Militärgelände der norwegischen Arme! Eigentlich hätte zeitlich alles prima geklappt, wäre da nicht unsere chinesiche Radio-Navi-Einheit. Prinzipiell für das Geld nicht schlecht. Einer der wenigen Haken: Unter "mautpflichtige Straße" versteht das gute Teil auch Wasserstraßen, sprich Fährverbindungen. Nachdem aber hier in Norwegen viele Straßen mautpflichtig sind, denkt man sich nichts dabei, wenn Frau Linglang sagt "mautpflichtige Straße auf der Route". Man denkt ja "Straße" - logo. In diesem Fall aber war die irgendwann zu Ende und wir standen in einem Hafen. Eine Fähre kam schon, doch der halb 5 Termin für die Besichtigung schien somit ins Wasser zu fallen. Aber wir bzw. ich hatte(n) Glück. Eine Minute nach halb standen wir am Treffpunkt, gerade als er Guide eintraf. Und dann gings zwei Kilometer auf ein Gebiet, von wo aus sich Frau Linglang weigerte irgendwelche Berechnungen anzustellen - navigationsmäßig vermintes Gebiet sozusagen!

Ute blieb mit Sancho im Womo und ich schaute mir zusammen mit rund zehn Norwegern und einem älteren deutschen Ehepaar die "Adolfkanone" an. Ursprünglich sollte die Riesenkanonen - drei davon stellten die Nazis bei Calais auf und vier transportierten sie hier auf die Lofoten - auf Schiffen dienen. Doch aus den Riesenpötten wurde nichts, aber die Kanonen hatte Familie Krupp schon mal zurechtgeschiedet. Also verband man das Vorhandene mit dem Nützlichen und setzte die größten Kanonen, die bis dato dieser Planet gesehen bzw. hervorgebracht hat, zur Sicherung der Lofotenregion ein. Sie sollten den Hafen von Narvik und die entsprechenen Schiffkonvois sichern. Denn immerhin 60 % des deutschen Eisenerzes, das die Deutschen im Krieg benötigten, kam von dort bzw. hatte seinen Ursprung in schwedischen Minen.

Am Anfang stand die Theorie - in norwegischer und deutscher Sprache:

Immer an unseren Fersen: zwei norwegische Soldaten:

Die großen, 1-to-Granten:

Über einen "Loch" in der Wand wurden sie auf Wägen gehieft und befanden sich dann in einem Art Ringkanal:

..hier zu sehen:

Was für echte Mechaniker - die Schraubenschlüssel-Kollektion:

Zur Berechnung der Flugbahn notwenige Gerätschaftern:

Das ist sie:

Das auch:

Blick von Innen ins Kannoenrohr:

Alles sieht aus, als hätten die Deutschen gestern erst alles verlassen:

Die Kanone von innen:

> Exkurs für Technikaffine:
"40,6" lautet in diesem Zusammenhang die magische Zahl. Das genau ist der Durchmesser in cm, die eine von den Riesengranaten hat, die man mit dieser Kanone verschießen kann. Unvorstellbare 21.800 Meter wird solch ein rund 600 Kg schweres Geschoss in den Orbit gefeuert (dort oben ist weniger Wind/Luft, ergo Reibung und Störfaktor!). Ebenso unvorstellbar für ein Geschoss, das rund 3.600 km/h schnell fliegt ist dabei dennoch die Flugdauer: mehr als zwei Minunten! Somit kommt die totbringende Ladung ca. 56 Kilometer weit. Damit sich aber ein - sagen wir 40 km/h schnell dahin fahrendes Schiff und ein zwei Minuten lang fliegendes Geschoss genau im "richtigen" Moment treffen bedarf es imenser rechnerischer Anstrengung. Die gipfelte zu Großvaters Zeiten darin, dass die Jungs damals schon mechanische "Rechentische", nichts anderes als eine Vorform von Computern benutzen.
Fertig wurde die Viererbatterie Ende 1944. Außer wenigen Übungsschüssen haben sie keinen "echten" Schuss abgegeben. Die Anlage hatten die Wehrmacht bzw. Marine bei ihrem Abzug '45 nicht zerstört. Und so entschieden sich die Norweger 1949 dieses Stück deutscher Wertarbeit und militärischen Gigantismus zu übernehmen und weiter zu betreiben. Der neue Feind der Norweger (Nato-Mitglied) war der mittlerweile Gesamtfeind der Deutschen: Rußland. Bis in die achtziger Jahre waren die Adolfkanonen (der Name soll von der Tatsache herrühren, dass die Kanonen zuerst "nur" 43 km weit feuern konnten. Über den Ärmelkanal hinweg zu wenig, um von Frankreich aus England zu erreichen. Aber dann machten wohl ein paar Krupp-Ingeneure dem Gröfaz ein Geschenk, indem sie im eine 56-km-Granate bastelten - genug im Südengland zu treffen.
Insgesamt - obwohl das Land unter der Deutschen sehr zu leiden hatte - geht Norwegen heute mit der Geschichte von 1933 bis 1945 sehr offen um, so mein Eindruck - auch was speziell deutsche Aspekte dabei betrifft. Das habe ich auch schon so von Polen erfahren. Interessant....

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